Fotos: Johannes Paqué
Liebe Freunde der Musik,
Am Samstag, den 26. Oktober 2019, fand wieder ein Konzert mit Sigrun Stephan (Cembalo) statt, die aber diesmal von Andreas Nachtsheim (Laute) begleitet wurde.
Auf dem Programm standen Werke bekannter und weniger bekannter Komponisten aus dem 16. und 17. Jahrhundert, gepaart mit einer Lesung aus “Über den Umgang mit Menschen” von Adolph Freiherr von Knigge, die von beiden Interpreten in Abwechslung zwischen den Stücken vorgetragen wurde.
Wenn man an diese Zeit denkt, fallen einem zumeist Komponisten wie J. S. Bach oder auch G. F. Händel ein, die mit Sicherheit nicht ohne Grund zu den bedeutendsten Vertretern ihrer Epoche gehören. Auch G. Frescobaldi ist sicherlich noch für viele ein Begriff. Deren Werke stimmten die Zuhörer mit vertrauten Klängen auf einen wohligen Nachmittag ein, zumal Sigrun Stephan wieder einmal bewies, dass sie eine ausgewiesene Expertin für alte Tasteninstrumente ist und diese anspruchsvolle Literatur auf höchst spielerischer Art zum erklingen brachte, während Andreas Nachtsheim mit dem sonoren Klang der Laute mal begleitend wirkte und dann auch wieder die Führung übernahm. Meist spielten beide Musiker jedoch in gleich berechtigter Weise. Von nur einer Laute zu sprechen wäre allerdings eine Untertreibung, denn es waren gleich 3 verschiedene Instrumente zu hören, wobei zwei von ihnen der Bauweise der Instrumente aus Mitteleuropa entsprechen, während die dritte Laute durch den Bau des Korpus schon fast einer kleinen Gitarre gleicht. Wie Andreas Nachtsheim zum Schluss des Konzerts erklärte, handelt es sich dabei um eine spanische Bauweise, was darauf zurückzuführen ist, dass sich die Spanier von den Arabern, die die Gitarre ursprünglich nach Europa brachten und Spanien besetzt hielten, absetzen wollten. In Nordeuropa behielt man jedoch für eine lange Zeit die ursprüngliche Form des Korpus bei, weshalb hier eher die tränenförmige Variante mit diesem Instrument oftmals in Verbindung gebracht wird.
Auch Sigrun Stephan hatte noch ein kleines “Baby Cembalo” im Gepäck, das einen überraschend hellen, lauten Ton produzierte und teils sogar gleichzeitig mit dem großen Cembalo erklang!
Doch nachdem die Zuhörerschaft sich mit Händel so allmählich in die Musik eingehört hatte, ertönten mehr und mehr Stücke auch weniger bekannter Komponisten und schnell fragt man sich, warum man von ihnen denn nicht mehr zu hören bekommt!
So brachten Stephan und Nachtsheim mit Werken von Komponisten wie Jan Pieterszon Sweeelinck, Gaspar Sanz oder Diego Ortiz eine lebendige und tanzbare Musik zum Vorschein, die man wohl selten in der “Alten Musik” erwarten würde. Auch hierbei handelte es sich um höfische Musik, doch sind die Melodien viel mehr volksnahen Liedern und Tänzen entliehen, sodass diese Musik paradoxerweise geradezu modern klingt, gerade in Anbetracht der Zeit, in der sie verfasst wurde.
Allein dafür lohnte es sich schon, den spätsommerlichen Herbsttag im Musikstudio zu verbringen – es gab ja schließlich, wie anfangs erwähnt, auch eine Lesung.
Adolph Freiherr von Knigge schrieb mit “Über den Umgang mit Menschen” einen Ratgeber über menschliche Verhaltensweisen, der in Teilen einem frühen psychologischen Werk gleicht, nicht ohne aber dabei auch mit Witz und Scharfsinn den Leser zu amüsieren. Dies trugen Sigrun Stephan und Andreas Nachtsheim im Übrigen mit viel Charme vor und so rissen sie die Zuhörer unmittelbar in ihren Bann. Knigge behandelte Themen wie die vier Grundverhalten der Menschen (Choleriker, Phlegmatiker, Sanguiniker und Melancholiker) und deren individuelle Zusammensetzung in den Menschen. Ein anderes Mal erzählt er vom Umgang mit Frauen:
So solle ein Mann stets wohl gekleidet sein, ohne aber ins pompöse abzudriften und er hat auf Kleinigkeiten zu achten. Sitzt die Kleidung nicht richtig, merkt das eine Frau sofort! Auch erheiternd war der Vortrag über den Umgang mit Verliebten und letztlich natürlich auch der Umgang mit Freunden.
Ein spannender Abend, bei dem das Programm perfekt in sich abgestimmt war!
Liebe Freunde der Musik,
An diesem Tag erwartet Sie wieder einmal ein außergewöhnliches Programm: Sigrun Stephan, die schon mehrmals im Musikstudio zu hören war und zuletzt zusammen mit Gerald Hambitzer vor wenigen Wochen auf ihrem Clavichord konzertierte, präsentiert zusammen mit Andreas Nachtsheim (Laute) Werke von G.F. Händel, G. Frescobaldi, G. Sanz D. Ortiz M. Weckmann, J.S. Bach u.a. aus dem 16. bis 18. Jahrhundert.
Begleitet wird das Konzert mit Lesungen aus dem Buch “Über den Umgang mit Menschen” (1788) von Adolph Freiherr von Knigge:
“…Was muss ich heute zu dem Empfang tragen? – Wen in diesem Kreise muss ich zuerst begrüßen? – Wie gruppiere ich die Rot- und Weißweingläser richtig auf dem Tisch? – In welcher Reihenfolge hat das Besteck neben den Tellern zu liegen?”
Diese und ähnliche Fragen sind die, auf die „Der Knigge“ uns angeblich eine Antwort gibt. Nun hat aber dieser arme Freiherr von Knigge in seinen Schriften über solche ‚textilen’ und ‚cuisinalen’
Lappalien niemals etwas verlauten lassen.
Sein berühmtes Buch „Über den Umgang mit Menschen“ erschien 1788 und war ursprünglich eine Aufklärungsschrift mit Überlegungen und Anregungen für den Umgang mit den verschiedenen
Generationen, gesellschaftlichen Gruppen, Berufen und Charakteren. Es waren sehr durchdachte und weltkundige Erläuterungen, eine Art angewandte Soziologie. Und so tragen die Kapitel dieses Buches Titel wie: „Über den Umgang mit Leuten von verschiedenen Temperamenten“, „Über den Umgang unter Freunden“, „Über den Umgang mit und unter Verliebten“,“ Über den Umgang mit den Großen dieser Erde, mit Fürsten und Reichen“, „Über den Umgang mit sich selbst“, aber auch „Über den Umgang mit Gelehrten und Künstlern“.
Dieses Buch wurde später zu einem ‚Benimmbuch’ umfunktioniert. Das begann nach dem Tode Knigges, als der Verlag die neuen Auflagen um Benimmregeln erweiterte. Regelmäßig erschienen später weitere Auflagen ‚des Knigge’ – hauptsächlich dann nur noch mit Kleiderregeln, die mit Knigges Buch selbst nichts mehr zu tun hatten.
Text von Sigrun Stephan und Andreas Nachtsheim
Samstag, 26. Oktober 2019
17:00 Uhr
im
Musikstudio & Galerie: Gabriele Paqué
Blücherstraße 14
53115 Bonn
PROGRAMM:
Vom Lauf der Dinge…
Musik vom 16. bis zum 18. Jh.
für Tasten und Lauten
Georg Friedrich Händel (1685-1759)
Entrée
Bourrée
Sarabande – Tanz von Asiatern
Rigaudon – Tanz von Africanern
Girolamo Frescobaldi (1583-1643)
Ciacona
Alessandro Piccinini (1566-1638)
Ciaconna
Girolamo Frescobaldi (1583-1643)
Toccata Sesta
Corrente Sesta
Anonym (aus: Cancionero de Palacio, Ende 15. Jh.)
Mas vale trocar…
(Besser ist es, Freude gegen Leid einzutauschen, als ohne Liebe zu sein)
Hans Newsidler (1. Hälfte 16. Jh.)
Der Königin Tantz
Zart schöne Fraw
Johann Sebastian Bach (1685-1750)
Aria
(aus: Notenbüchlein für Anna Magdalena Bach)
Anonym (aus: Cancionero de Palacio, Ende 15. Jh.)
Al alva venid, buen amigo…
(Komm im Morgengrauen, lieber Freund, der du mir der Teuerste bist…)
Robert Ballard (um 1600)
Branles de Village
Philippe Verdelotto (1. Hälfte 16. Jh.)
Se mai provasti, donna
(Wenn Ihr je die Liebe erfahren habt, Herrin…)
Johann Caspar Ferdinand Fischer (gest. 1746)
Praeludium und Chaconne VII in G (Cembalo)
Giovanni Kapsberger (1580-1651)
Preludio – Kapsperger
Antonio de Cabezón (1510-1566)
Pavana con su glosa
Gaspar Sanz (1640-1710)
Diego Ortiz (Mitte 16. Jh)
Recercada segunda
Eintritt: 18,- € / 10,- € erm.
Sigrun Stephan
In Eisenach, derselben Stadt wie Johann Sebastian Bach geboren zu sein, erfüllte die Cembalistin Sigrun Stephan schon als Kind mit Stolz. In Weimar, wo sie die Spezialschule für Musik besuchte und anschließend an der Hochschule Klavier studierte, wurde sie durch eine Gedenktafel für Wilhelm Friedemann und Carl Philipp Emanuel Bach täglich daran erinnert, dass es außer dem Klavier noch andere wunderbare Tasteninstrumente gibt.
Der Wunsch das Cembalo zu erkunden verschlug sie ausgerechnet in das Ruhrgebiet, wo sie sich an der Folkwanghochschule Essen den historischen Tasteninstrumenten widmete. Dort hatte sie im
Anschluss an das Cembalostudium auch einen Lehrauftrag inne. Sigrun Stephan spielt in verschiedenen Ensembles Continuo, ist solistisch tätig und wirkt bei zahlreichen CD-Produktionen mit.
Seit 2006 widmet sich Sigrun Stephan intensiv dem Clavichord und hat sich solistisch auf dieses ausdrucksstarke, sensible Instrument spezialisiert. Ihr Motto “Lautstärke beweist gar nichts!” stammt von Mark Twain.
Andreas Nachtsheim
Andreas Nachtsheim hat seine musikalischen Wurzeln in der Rockmusik, ging daneben aber schon als Jugendlicher – zunächst auf einer selbstgebauten Laute – seinem Faible für Renaissanceund Barockmusik nach. Schließlich entschied er sich ganz für dieses frühe Ende der Musikgeschichte und studierte Laute und Continuospiel und parallel dazu Musikwissenschaft.
Er arbeitet als Lautenist und Continuo-Spieler in unterschiedlichsten Besetzungen: so tourte er längere Zeit mit dem Geiger Nigel Kennedy und spielte mit solchen Ausnahmemusikern wie Philippe Jaroussky, Simone Kermes und Giuliano Carmignola. Insbesondere verbunden ist er mit der Lautten Compagney Berlin und deren Leiter Wolfgang Katschner. Ein weiterer Schwerpunkt seiner Betätigung ist das Continuospiel in Barockopern-Produktionen an verschiedensten Theatern von Hannover bis Basel und von Aachen bis Berlin.
Ich freue mich auf Ihren Besuch!
Herzlichst
Gabriele Paqué
Hinweis Parken!
Parkmöglichkeiten in Bonn-Poppelsdorf, ca. 10 Gehminuten von der Blücherstraße entfernt!
Aktuelle Ausstellung: Victor Shtivelberg – Watching and Listening
Samtags ist die Galerie von 14-18 Uhr geöffnet.
Nach telefonischer Absprache kann die Ausstellung auch zu anderen Zeiten besichtigt werden.
Blücherstr. 14, 53115 Bonn
Telefon: 0228-41076755