Frühlingsgefühle – Musik mit Lesung aus der “Kreutzersonate” von Tolstoi

Liebe Freunde der Musik und Literatur,

Am 4. Mai 2019 spielte das Duo Sis, bestehend aus den Schwestern Huei Chiang (Violine) und Yin Chiang (Klavier) zwei Werke von Ludwig van Beethoven. Als Motiv für dieses Konzert wählten sie den Übergang in den Frühling, der sich zur Zeit noch immer nicht so recht entschieden zu haben scheint, wann er denn nun kommt.
So überrascht es auch nicht, dass die berühmte Frühlingssonate zuerst auf dem Programm stand, dessen erster Satz jedem geläufig sein sollte, wenngleich man auch vielleicht den Namen nicht kennt. Wer vermutet, dass zwei Schwestern besonders schön zusammenspielen können, der liegt hier goldrichtig! Die Dynamik der beiden Instrumente war bis in die letzten Reihen sehr ausgewogen, sodass keine der beiden Spielerinnen die andere überschattete. Yin und Huei Chiang spielten dieses Konzert voller Inbrunst und Hingabe, sodass dem Zuhörer leicht ein Schauer über den Rücken kroch, wenn es zu den schnellen Passagen kam, die beide souverän und klanglich hervorragend ausgearbeitet hatten, während die ruhigen Stellen den Zuhörer in einen imaginären Garten versetzte, dessen blühende Vegetation den Beginn dieser Jahreszeit untermalte.
Das Programm begrenzte sich allerdings nicht allein auf ein Konzert. Begleitet wurden die beiden Musikerinnen durch eine Lesung von Dr. Marc Herrmann, der Passagen aus der “Kreutzer-Sonate” von Lew Nikolajewitsch Tolstoi, welche an das gleichnamige Stück von Beethoven, das fast ein Jahrhundert zuvor komponiert wurde, anknüpft. Die Erzählung beschriebt einen Mann, der aus Eifersucht heraus seine Frau ermordet. Doch ganz so tragisch sollte es in diesem Konzert nicht vonstatten gehen.
Nach dem ersten Satz aus der Frühlingssonate ergriff sodann Marc Hermann das Wort und verlieh dem Protagonisten der Erzählung mit sehr viel Einfühlungsvermögen das Wort. Schnell wurde klar, dass es sich bei diesem Menschen um jemanden handelt, der durch eine, selbst für die damalige Zeit, sehr biedere Haltung geprägt ist. Gleichzeitig fällt es ihm aber sichtlich schwer, seinen eigenen Moralvorstellungen gemäß zu handeln, wobei er die Schuld dafür seinem “verdorbenen” Umfeld zuschreibt. So waren diesem Herren auch alle Damen, die er traf, auch nicht unschuldig und rein genug, bis er dann die Richtige gefunden zu haben meinte. Es folgten die drei übrigen Sätze der Frühlingssonate und der Zuhörer fragte sich vielleicht, wie nun so ein Mensch mit den besagten Frühlingsgefühlen in Verbindung gebracht werden könnte.
Nach der Pause folgte sogleich der erste Satz der Kreutzer-Sonate von Beethoven, der durch sein wildes Temperament eindrücklich das Gemüt des Zuhörers erregte. Zwischen den beiden weiteren Sätzen ließ Marc Herrmann erneut den Protagonisten zu Worte kommen, der sich mit mindestens ebenso viel Hingabe über ebenjene Sonate empörte, die es wagte, den Zuhörer in eine solche Stimmung zu versetzen. Musik müsse schließlich einen Zweck erfüllen, wie etwa zum Tanzen oder Marschieren. Aber Musik ohne Zweck und gespickt mit Emotionalitäten – das ist doch wirklich unerhört! Und so missfiel es diesem Herren insbesondere, dass ausgerechnet seine Frau, die nebenbei auch Klavier spielte, nun auch noch regelmäßig mit einem professionellen Geiger zusammenspielte, u.a. eben diese Kreutzer-Sonate von Beethoven. Während der Protagonist sich nun gegenüber dem Geiger als überaus höflich und zuvorkommend präsentiert, malt er sich aus, wie seine ehemals so reine Frau den intriganten Verführungen dieses Musikers unterliegt. Dies alles trug Marc Herrmann nicht ganz ohne Witz vor, da doch Yin Chiang, an die er das Wort im Monolog des Protagonisten richtete, auch seine wahre Frau ist.
Yin und Huei Chiang präsentierten mit Dr. Marc Hermann ein wundervolles Programm, mit dem sie wahrhaft verstanden Frühlingsgefühle in ihrem Publikum zu wecken. Gerade auch die verschrobene Art des Protagonisten in Tolstois Erzählung gab dem Ganzen eine muntere Note. Die beiden Musikerinnen überzeugten mit ihrem zweiten Konzert im Musikstudio das Publikum abermals voll und ganz von ihrem Können, während der Kaps-Flügel von 1875 sowie die Geige von Anfang des 20. Jahrhunderts auch zeitlich perfekt den Klang dieser Kompositionen wiedergaben.

Liebe Freunde der Musik und Literatur,

Heute findet wieder ein außergewöhnliches Konzert statt, das Beethovens Musik mit der Literatur von L. N. Tolstoi verbindet. Das Duo Sis, bestehend aus Yin Chiang (Klavier) und Huei Chiang (Violine) tritt bereits zum zweiten Mal im Musikstudio auf, nachdem es 2017 bereits seinen ersten sehr erfolgreichen Auftritt im Musikstudio feierte. Die literarische Gestaltung des Programms übernimmt Dr. Marc Hermann.
Mittelpunkt dieses Abends ist die Kreutzer-Sonate von Beethoven, der sich im Medium der Literatur auch Tolstoi gewidmet hat. Beethoven komponierte die Sonate 1803, wobei sie zunächst den Titel “Sonata per il Pianoforte ed uno violino obligato in uno stile molto concertante come d’un concerto” trug. Gewidmet hatte er die Sonate George Augustus Polgreen Bridgetower (1778 – 1860), einem aus Polen stammenden und in England lebenden Stargeiger mit afrikanischen und deutschen Wurzeln. Kennengelernt hatten sich Beethoven und Bridgetower, als sie 1803 in Wien zusammen auftraten und Beethoven offensichtlich von seinem Können sehr begeistert war. Die Widmung lautet “Sonata mulattica composta per il mulatto Brischdauer [Bridgetower], gran pazzo e compositore mulattico” (Mulatto-Sonate, komponiert für den Mulatten Brischdauer, den großen Verrückten und mulattischen Komponisten).
Die 1889 erschienene Novelle Tolstois ist ein Plädoyer für das Ideal der sexuellen Abstinenz und eine erschütternde Beschreibung einer Ehehölle. Eindringlich berichtet der Protagonist Pozdnyshev davon, wie er sich in einen Eifersuchtswahn hineinsteigert, der schließlich zur Ermordung seiner Frau führt.
Ebenfalls auf dem Programm steht die sog. Frühlingssonate von Beethoven, die er 1801 komponierte. Sie war Graf Moritz von Fries gewidmet, einem Mäzen, dem Beethoven auch zwei andere Werke desselben Jahres widmete – das Streichquintett C-Dur und die vierte Violinsonate – sowie seine spätere siebte Sinfonie. Freuen Sie sich also auf einen musikalischen Einstieg in den Frühling voller wilder Leidenschaft und Lebenslust!

Samstag, 04. Mai 2019

17 Uhr

Blücherstraße 14
53115 Bonn

Programm:

Lesung: Die Kreutzer-Sonate von Tolstoi

Ludwig van Beethoven (1770 – 1827)
Violinsonate Nr. 5 in F Dur, Op. 24 (Frühlingssonate)

1. Allegro
2. Adagio molto espressivo
3. Scherzo: Allegro molto
4. Rondo: Allegro ma non troppo

Pause

Ludwig van Beethoven (1770 – 1827)
Violinsonate Nr. 9 A Dur, Op. 47 (Kreutzer-Sonate)

1. Adagio sostenuto – Presto
2. Andante von Variazioni
3. Finale. Presto

Eintritt: 18,- € / 10,- € erm.

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Das Duo Sis

Yin und Huei Chiang sind zwei Schwestern, die zusammen ihre musikalische Ausbildung absolvierten: zuerst an der Eliteschule in Taipei (Taiwan) und später am Mozarteum in Salzburg. Obwohl sie oftmals bereits während ihrer Kindheit zusammen konzertiert hatten, fand ihre erste offizielle Performance als Duo während des Luzern Festivals 2006 statt. Seitdem haben sie viele Konzerttourneen unternommen, u.a. in China und Taiwan.

Yin Chiang ist Meisterschülerin von Pierre-Laurent Aimard, Hans Leygraf und Peter Lang. Sie absolvierte ein Diplom-und Magisterstudium im Konzertfach Klavier an der Universität Mozarteum Salzburg und erlangte ihr Konzertexamen an der Musikhochschule Köln. Sie war Stipendiatin u.a. des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur in Österreich und der Kunststiftung NRW.
Ihren ersten Auftritt als Solistin mit Orchester hatte sie als Elfjährige. Später in Europa trat sie u.a. mit der Salzburger Kammerphilharmonie und dem Kammerorchester Leopoldinum auf. Außerdem wurde sie u.a. zum Festival “Mozartwoche” Salzburg, Lucerne Festival Academy, Klangspuren Festival, Acanthes Festival eingeladen. Sie war die musikalische Leiterin der Produktionen “Die Edelweißpiraten” und “Weiße Rose” in der Spielzeit von 2007 bis 2009 an der Kammeroper Köln. 2012 hat sie “C-Camerata”, ein Ensemble für zeitgenössische Musik, in Taipeh gegründet.

Pressestimmen:

“Yin Chiangs Spiel zeichnet sich durch dasselbe Streben nach Perfektion aus, das auch ihren ehemaligen Lehrer Pierre-Laurent Aimard kennzeichnet […]. Ihr Anschlag ist klar, ihre Phrasierung transparent und doch erfüllt von einer Leidenschaft, die uns auf angemessene Weise den emotionalen Gehalt von C. P. E. Bachs Musik vor Augen führt.”

Hu Gengmin, Chefredakteur der taiwanesischen Fachzeitschrift MUZIK

“Von der Wiegenmusik [von Helmut Lachenmann], die Yin Chiang […] differenziert und kristallklar interpretierte, zeigte er [der Komponist] sich auf Anhieb begeistert […].”

Fabian Hemmelmann in: Zeitschrift der Musikhochschule Köln

“Am Klavier erweist sich […] Yin Chiang als fabelhafte Partnerin. Sie hat Zimmermanns karge, dennoch dichte [Orchester-]Partitur, die auch religiöse Barockmusik zitiert, auf das Klavier reduziert. Sie verfremdet viele Töne oder zupft die Saiten harfenartig.”

Kölner Stadt-Anzeiger vom 5.3.2009 über die Premiere von Udo Zimmermanns Oper Weiße Rose in der Jungen Kammeroper Köln

“[…] technisch makelloses Spiel, große Spielfreude und sehr harmonisch aufeinander abgestimmtes Agieren […]”

Mindener Tageblatt vom 13.6.2006 über ein Konzert des E. T. A. Hoffmann-Trios mit Nina Arnold, Rafael Caldentey Crego und Yin Chiang

yinchiang.com

Fotografin: Shirley Suarez

Huei Chiang wurde 1980 in Taipeh/Taiwan geboren und begann im Alter von vier Jahren ihre musikalische Ausbildung.
Sie absolvierte mit Auszeichnung ein Diplom- und Masterstudium im Fach Violine an der Universität Mozarteum Salzburg bei Ruggiero Ricci, Chris Nicholls und Harald Herzl sowie ein Postgraduiertenstudium der Barockvioline mit Hiro Kurosaki. Sie nahm an Meisterkursen von Viktor Pikaizen und Ingolf Turban teil und studierte Kammermusik mit dem Hagen Quartett.
Von 1999 bis 2011 war sie erste Geigerin im Kammerorchester von L’ Emporda, Spanien (Orquestra de cambra de L’Empordà). Beim Louise Henriette Wettbewerb in Deutschland gewann sie 2005 einen 3. Preis. Sie wurde regelmäßig zur Zusammenarbeit mit dem Mozarteumorchester Salzburg eingeladen und war erste Geigerin im Orquesta de Cadaqués unter Leitung von Sir Neville Marriner (Barcelona).
Neben ihrer Arbeit als Orchestermusikerin ist Chiang seit 2012 auch Mitglied der C-Camerata Taipeh, eines Ensembles, das auf einzigartige Weise westliche und östliche Instrumentaltraditionen miteinander verbindet und auf zeitgenössische Musik spezialisiert ist. Seit 2015 ist sie erste Geigerin des Tiroler Symphonieorchesters Innsbruck.

www.hueichiang.com

Ich freue mich auf Ihren Besuch!

Herzlichst
Gabriele Paqué

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Aktuelle Ausstellung von Máro
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